Nun war es ja ärgerlich genug, dass man mir mein Fahrrad gestohlen hat. Ärgerlich ausserdem, dass ich tags zuvor beide Reifen geflickt hatte (im ersten war ein Loch, den zweiten hab ich danach zu sehr aufgepumpt).

Jetzt fahre ich mein zweites, und heute schlug der zornige Fahrradgott abermals zu. Ich bin aber nicht allzu sauer, denn ich hatte es bereits geahnt. Das werde ich erstmal erklären, bevor ich erzähle, was ich dieses Mal wieder erlitt.

Dass heute einige Leute meinen, ich wäre technisch begabt (damit meinen sie dann PC-technisch), ehrt mich immer wieder. Es stimmt nur nicht.
Es gibt ein Erlebnis aus meiner Kindheit, dass ich damit verbinde. Ich hatte nie Probleme mit Fahrrädern, bis ich 11 oder 12 war. Mein Vater sagte mir, mein Schlauch sei platt und ich bräuchte ein neues Ventil. Ich solle eins holen. Ich hatte keine Wahl außer frank und frei zu sagen, dass ich keine Ahnung hatte, was ein "Ventil" sein soll. Es hatte mich nie interessiert, worauf ich fuhr. Kein bisschen. Ich kannte die Vokabeln "Reifen", "Lenker", vielleicht "Schlauch". Aber das wars.
Der arme Vater musste die Standard-Phasen durchmachen (blankes Unverständnis, im-Kreis-springen, Resignation). Der Junge hat sicher andere Talente...


Es gibt eine Menge technischer Dinge, die mich einen Scheiß interessieren. Ich verberge es nur durch Hartnäckigkeit. Am Computer kann man in Ruhe das gleiche Problem immer wieder umkreisen, von vorne anfangen, bis man dieselben Fehler wirklich nicht immer wieder macht. Irgendwann wird es zu dem, was man eben tut. Und weil die meisten Leute keine Ahnung haben von dem, was man da tut, halten Sie einen insgeheim generell für einen Meister der Technik. Ich bin wohl gut in dem was ich da mache, und es interessiert mich auch, aber mir allgemeine technische Versiertheit zu unterstellen, is schlicht falsch.

Ich lebe sozusagen den Traum vom allgemeinen Respekt, der aber auf einem Missverständnis beruht. Als Strafe sucht mich der technische Fluch meiner Kindheit regelmässig heim: Das Fahrrad.

Ich war schon letzte Woche nicht überrascht. Sowas passiert mir dauernd. Und immer mit Fahrrädern. Sie zwingen mich, sie unentwegt zu flicken und zu schieben, Teile zu kaufen und zu wechseln usw. Und ich kann es einfach nicht. Ich hasse es,  Mäntel von Rennreifen zu entfernen. Ich habe mich bereits verletzt und mehrere Werkzeuge zerbrochen. Teilweise gehe ich einfach in einen Fahrradladen und zahle dafür, wie eine 76-jährige Frau. Schauder.
Manchmal glaube ich, jemanden lachen zu hören, während ich flicke, aber das ist sicher nur Einbildung...

Und heute? Ich hatte Angst, dass mein neues Rad zu platte Reifen hat, und so wollte ich im Radshop der Uni Luft nachtanken, mit der guten Pumpe. Ich pumpte also, wegen letzter Woche extra eineinhalb Bar weniger als empfohlen. Ich fuhr los und: "Bam". Hinterreifen geplatzt. Also gehe ich zurück, kaufe einen Schlauch, leihe mir Werkzeug und baue einen neuen Schlauch ein. Ich pumpe ihne auf, und bei 2 (zwei!) Bar erneut: "Bam!". Dieses Mal lacht wirklich jemand, nämlich der Typ im Shop. "Have Fun" lacht er, während er mir einen neuen Schlauch hinwirft, den vierten in einer Woche jetzt. Besser als der andere Typ, der murmelt immer nur "Jesus!", wenn ich nach Werkzeug frage.
Ich habe für den neuen Schlauch dieses Mal gleich einen neuen Mantel gekauft, weil der alte Scheisse aussah, und bisher (vom Bikeshop zur Uni - 500m) hat es gehalten.

Das macht an Fahrradkosten in Dublin:

2 Gebrauchtfahrräder: 150 Euro
2 Schlösser:                  25 Euro
4 Schläuche:                 20 Euro
1 Mantel:                      10 Euro
--------------------------------------
                                 205 Euro

Und dabei wird es nicht bleiben. Es ist mein Los und ich trage es mit Würde.
18 Sep 2006 - 18:49
# lastedited 25 Sep 2006 add a comment  
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